Die Nachfolge im Vatikan in Zeiten der Klimakrise -MEINUNG 07/05/2025
- Ana Cunha-Busch
- 6. Mai
- 3 Min. Lesezeit

Die Nachfolge im Vatikan in Zeiten der Klimakrise
Von Claudia Andrade
Der Tod von Papst Franziskus markiert das Ende einer Ära und den Beginn eines ethischen Vakuums, das kaum mit dem gleichen Mut, der gleichen Klarheit und Dringlichkeit gefüllt werden kann. Franziskus war nicht nur das Oberhaupt der katholischen Kirche – er war eine der letzten globalen moralischen Stimmen, die sich radikal gegen die Klimakrise, strukturelle Ungleichheit und den ethischen Bankrott der politischen Institutionen gestellt hat. Seine Enzykliken Laudato Si' (2015) und Laudate Deum (2023) warnten nicht nur vor dem Zusammenbruch der Umwelt, sondern prangerten auch unverblümt die Trägheit und Heuchelei der Staatschefs und des internationalen Finanzkapitals an.
Mit seinem Tod tritt die Kirche in einen neuen Zyklus ein. Die Wahl eines neuen Pontifex wirft eine unvermeidliche Frage auf: Wird der Heilige Stuhl weiterhin eine Bastion des ethischen Umweltschutzes und der sozialen Gerechtigkeit bleiben oder wird er angesichts des internen und externen Drucks in konservativere Bereiche zurückfallen?
Das prophetische und politische Erbe von Franziskus
Jorge Mario Bergoglio war vor allem ein politischer Papst – im besten und edelsten Sinne des Wortes. Er stellte sich der römischen Kurie entgegen, forderte Klimaleugner heraus und weigerte sich, angesichts des Vormarsches des Ultrakapitalismus neutral zu bleiben. Sein Konzept der „integralen Ökologie“ überschritt religiöse Grenzen und förderte einen beispiellosen Dialog zwischen Wissenschaft, Spiritualität und sozialer Verantwortung.
In Laudato Si' prangerte Franziskus die Logik des ungezügelten Konsums, der rücksichtslosen Ausbeutung der Natur und der systematischen Ausgrenzung der Armen an. Das Dokument wurde von Klimapolitikern, Wissenschaftlern und Aktivisten mit Begeisterung aufgenommen, von den großen Machtzentren jedoch mit Zurückhaltung (oder Schweigen).
Acht Jahre später hat Laudate Deum den Ton deutlich angeschlagen: Die Klimakrise ist nicht nur eine Umweltkrise – sie ist ein globales politisches Versagen. Indem er die COP28 namentlich erwähnte, die Ineffizienz multilateraler Foren kritisierte und sich direkt an junge Menschen und soziale Bewegungen wandte, bekräftigte Franziskus seine Rolle als weltweiter Vorreiter – in klarer Opposition zur Untätigkeit der Nationen.
Herausforderungen für das nächste Papsttum: Kontinuität oder Rückschritt?
Die Wahl des Nachfolgers von Franziskus wird den Reifegrad der Kirche angesichts eines neuen zivilisatorischen Scheidewegs auf die Probe stellen. Es gibt zwei mögliche Wege:
1. Transformative Kontinuität: Wenn der neue Papst beschließt, das Erbe von Franziskus zu würdigen und zu vertiefen, wird es Raum für eine Kirche geben, die sich noch stärker für soziale und ökologische Themen engagiert und Glauben, politisches Handeln und Mobilisierung der Bevölkerung miteinander verbindet. Dies erfordert ein ebenso mutiges Profil mit internationaler Vermittlungskompetenz und Sensibilität für die Dilemmata der heutigen Zeit.
2. Der institutionelle Rückschritt: Andererseits könnten der Druck konservativer Kreise innerhalb des Vatikans, die globale Polarisierung und der Vormarsch reaktionärer Kräfte das neue Pontifikat zu einer eher traditionalistischen Neuausrichtung drängen. Dies wäre eine Rückkehr zu einem introspektiven, moralistischen Katholizismus, der angesichts der Ungerechtigkeiten des 21. Jahrhunderts schweigt.
Beide Szenarien stehen zur Debatte.
Die Diplomatie des Vatikans und die Klimageopolitik
Der Tod von Franziskus verändert auch das geopolitische Schachbrett. Unter seiner Führung war der Vatikan ein wichtiger Akteur in globalen Diskussionen – darunter Klimagipfel, Foren für soziale Gerechtigkeit und diplomatische Vermittlungen. Sein Fehlen schwächt diese Front vorerst. Die Stimme des neuen Papstes wird gefragt sein: Schweigen wäre auch eine Position.
Darüber hinaus wächst die Erwartung seitens der Länder an der globalen Peripherie, insbesondere in Lateinamerika und Afrika, dass der nächste Papst die Realitäten dieser Gebiete widerspiegelt, die am stärksten vom Klimawandel und dem historischen Fehlen wirksamer öffentlicher Maßnahmen betroffen sind.
Franziskus verlässt die Bühne als moralischer Gigant
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern hat Franziskus verstanden, dass die Zukunft des Glaubens von der Gegenwart der Erde abhängt. Auf einem Planeten, der zusammenbricht, ist Spiritualität nicht möglich. Er hat der Kirche eine aktive Rolle bei der Verteidigung der Menschenwürde und der Umwelt zurückgegeben, und zwar nicht mit liturgischen Reden, sondern mit harter Diagnose, politischen Gesten und prophetischem Mut.
Sein Nachfolger wird nicht nur den Stuhl Petri erben, sondern auch eine moralische Verpflichtung: die Flamme einer Kirche am Leben zu erhalten, die Stellung bezieht, Missstände anprangert und handelt. Alles, was von nun an geschieht, wird genauestens beobachtet werden – sowohl innerhalb als auch außerhalb des Vatikans.
Franziskus ist gegangen, aber seine Botschaft bleibt als Herausforderung, Kompass und Thermometer bestehen: Die Zeit der Welt ist knapp, und der Glaube muss, um lebendig zu sein, auch revolutionär sein.





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